Freitag, 17. August 2012

Stuttgart

Nun hatte ich eine etwas längere Reise vor mir. Während ich nach den Straßengigs in den anderen Städten abends meistens zurück nach Hause gefahren war, wollte ich Stuttgart, Berlin und Köln nun in einem Rutsch bereisen. Ich übernachtete in einer Jugendherberge und hatte ein Bett in einem Mehrbettzimmer gebucht. Eine gute Entscheidung, wie sich nachher herausstellte... Dort lernte ich Katharina kennen, mit der ich mich sehr lange unterhielt. Später kam auch die zweite Zimmerbewohnerin dazu, eine Koreanerin, deren Name ich nicht aussprechen konnte. Ich nenne sie jetzt einfach Luimchong, denn so ähnlich klang er. Nachdem sie zuerst kein Wort mit uns gewechselt hatte, öffnete sie sich dann, soweit es mit gebrochenem Englisch möglich war, völlig. Sie sei sehr von der deutschen Kultur und den Menschen begeistert. Auch schielte sie immer wieder zu meiner Gitarre und äußerte dann den bescheidenen Wunsch, dass ich doch ein Lied spielen sollte. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und so wurde dieser Abend zu einem unvergesslichen Ereignis. Zuerst hörten sie sehr aufmerksam zu, bis die Stille in einen euphorischen Applaus ausbrach. Sie konnten kaum genug von meiner Musik bekommen und überhäuften mich mit Komplimenten. Luimchong war von ihren Freundinnen getrennt worden, als es um die Zimmerverteilung in der Jugendherberge ging, was sie sehr traurig machte. Doch dann nahm sie ihr Handy heraus und zeichnete alles auf Video auf, mit den Worten: "Das ist der schönste Abend in Deutschland für mich und ich bin so froh, auf dieses Zimmer gekommen zu sein. Wenn meine Freundinnen das Video sehen, werden sie ganz neidisch sein." Beflügelt von dem Gefühl, das mir dieser Abend gab, spielte ich also am nächsten Tag in der Fußgängerzone Stuttgarts.
Als ich ungefähr zehn Minuten gespielt hatte, kam ein Mann auf mich zu und legte mir einen Zettel in meinen Koffer, auf dem stand: "Hallo Madame, Sie singen sehr schön. Hätten Sie später kurz Zeit, um allgemein über Musik zu reden?" Wie höflich, dass er mich nicht unterbrechen wollte, aber dieser Zettel ließ ihn doch etwas mysteriös erscheinen. Jedenfalls kam er später zurück und es ergab sich ein kurzes, aber doch interessantes Gespräch. Er sagte, er höre Joni Mitchell und Tina Dico in mir und wollte wissen, wie ich mir meine Zukunft vorstelle. Ich erklärte ihm, dass Musik immer mein Hobby bleiben wird, ich jedoch beruflich in eine andere Richting gehen werde.  "Ich glaube nicht, dass das möglich ist", entgegnete er mir, "zudem wäre das sehr schade." Er wünschte mir alles Gute und verabschiedete sich wieder.
Ein anderer Mann fragte mich nach nur einem Lied, das er von mir hörte, ob ich CDs dabei hätte. Er nahm mir dann sogar zwei ab und schenkte mir auch noch eine von einer anderen Straßenmusikerin. "Für die Heimfahrt."
Als ich dann mit meiner Gitarre durch die Straße schlenderte, kam mir ein Typ mit einer roten Nase entgegen und versuchte mich dazu zu bringen, für die Roten Nasen zu spenden. Dass ich aber nur eine arme Praktikantin bin, überzeugte ihn, bat mich aber dennoch, an ihrem Stand zu singen. So unterstützte ich sie zwar nicht finanziell, aber dafür musikalisch. Und die Roten Nasen wie auch potenzielle Unterstützer fanden sichtlich Gefallen daran. Doch leider konnte ich nicht lange bleiben, denn der Zug nach Berlin wartete schon auf mich...

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